Es wird wieder grüner

 
 

Am nächsten Morgen werde ich wieder mal vom obligatorischen Ruf des Muhezin´s geweckt.

Während des Frühstücks vor dem Zelt beobachten wir amüsiert wie aus dem winzigen Zelt neben uns zwei Erwachsene incl. Rucksäcken raus kriechen. Matthias ist sich absolut sicher, das Ding war unterkellert. Kurz nach Sonnenaufgang packen wir schließlich unsere Sachen und sind kurz darauf wieder auf der Straße. In Zagora erledigen wir noch ein paar kleine Einkäufe und machen ein Bild vor dem berühmten Schild, das den Weg nach Timbuktou in 52 Kamelreisetagen angibt.

Vor einem kleinen Geschäft lernen wir wieder mal die extreme Seite der neugierigen marokkanischen Kinder kennen, so dass wir fluchtartig das weite suchen. Es geht den Weg des Vortages zurück durch das Draá-Tal nach Norden. Nach ca. 80 km biegen wir auf eine kleine Piste ab, die uns in Richtung Tazenakt bringen soll, ein kleines Kaff auf unserem Weg in den Anti-Atlas. Die staubige Piste ist relativ gut und wir kommen in der glühenden Sonne schnell voran. Nach einer kurzen Rast an einem Brunnen stoßen wir auf eine kleine Kamelherde, die wir natürlich sofort auf Film festhalten, auch wenn die Tiere nicht so posieren wie es Matthias gerne hätte. Landschaftlich hat diese Piste nicht sehr viel zu bieten als eine öde Steinwüstenlandschaft und wir sind froh als wir am frühen Nachmittag die Teerstraße wieder erreichen. Genau an diesem Punkt stelle ich entsetzt fest, dass mein Vorderreifen einen Platten hat. Toll, und das mitten in der Einöde. Doch es stellt sich heraus, dass der Platz nicht besser sein hätte sein können. Überall liegen große flache Steine herum um das Motorrad aufzubocken, die Teerstraße bietet einen idealen Untergrund zum Arbeiten und der Wettergott hat auch ein Einsehen und versteckt die Sonne für die Dauer der Reparatur hinter den Wolken. So können wir nach ca. 1 Stunde und dem knipsen unserer ersten Pannenphotos wieder weiter. Die Straße steigt nun stetig hinauf und kurz darauf stoßen wir auf eine alte Bergbausiedlung in völliger Einöde. Nur noch wenige Häuser sind bewohnt und es scheint als seien die goldenen Zeiten dieser Stätte endgültig vorbei.

Wir folgen der sich durch das Hochland schlängelnden Straße weiter gen Westen. Es kommt ein sehr kalter Wind auf, der uns die Jahreszeit ins Bewusstsein ruft und uns die Hitze der Wüste schnell vergessen lässt. So langsam bemerken wir auch dass das Land um uns immer grüner wird. Wir kommen in den Antiatlas. Aus den kargen Flächen der Wüste sind hier kleine Felder geworden und wir kommen immer öfter an kleinen Ortschaften vorbei. In Aoulbuz tätigen wir wieder ein paar kleine Einkäufe und begeben uns dann auf die Suche nach einem passenden Platz für die Nacht. Es ist wieder mal Wildcampen angesagt. Doch das scheint nicht so einfach. In diesem relativ dicht besiedelten Gebiet voller Felder ist es gar nicht so einfach einen guten Schlafplatz zu finden. So werden wir auch erst in der Dämmerung fündig. In einem großen Feld voller für uns undefinierbarer Büsche schlagen wir das Zelt auf und genehmigen uns mit Blick auf einen herrlichen Sonnenuntergang über dem Atlas eine kleine Mahlzeit. Danach fallen wir wieder mal erschöpft in die Schlafsäcke.

Schon früh am Morgen brechen wir auf, denn unser Ziel heute ist es über den Anti-Atlas nach Marrakech und weiter nach Quarzazarte zu fahren. Leider hängen dicke Wolken über den Bergen und nach kurzer Fahrt fängt es schon das nieseln an. Je höher wir kommen, desto kälter wird es und ab 1000m sind wir völlig in den Wolken. Die Sicht ist gleich null und wir können auf der engen Bergstraße nicht schneller als 50 km/h fahren. Nur schade dass wir die herrliche Aussicht nicht genießen können, die sich einem an einem schönen Tag hier wohl bietet. So kriechen wir auf der in hunderten von Serpentinen verlaufenden Passstraße weiter und kommen nach dem 1600m hohen Pass wieder in tiefere Gefilde. Hier lässt dann auch der Regen nach und wir befinden uns wieder unter den Wolken und kommen somit schneller voran. So sind dann auch bald unsere Klamotten wieder relativ trocken und das Fahren macht wieder richtig Spaß. Am späten Vormittag verlassen wir das Gebirge und kommen in eine Ebene auf der wir schnell nach Marrakech kommen. Wir haben hier keine Besichtigung geplant und sind deswegen nach einem Tankstop schnell wieder auf der Straße nach Süden. Diesmal Richtung Quarzazarte.

Über dem Atlas hängen zwar immer noch drohend die Regenwolken, wir bleiben jedoch von weiterer Nässe verschont. So erreichen wir am frühen Nachmittag wieder die Ausläufer des Atlas. Wir fahren eine gut ausgebaute Straße ins Gebirge hinein, die sich leider als absolute Touristenstrecke entpuppt. Überall sind Straßenhändler die Kristalle verkaufen wollen.

Landschaftlich ist die Strecke allerdings eine Wucht. Die enge aber gut ausgebaute Straße schlängelt sich durch Täler und windet sich schließlich den Berg hinauf auf den für den heutigen Tag höchsten Pass mit 2200m. Nach einem kurzen Stopp fahren wir wieder talwärts. Es ist schon später Nachmittag und unser Tagesziel ist noch weit entfernt. Ausgerechnet da habe ich die nächste Panne. Kurz vor einem kleinen Parkplatz merke ich dass mein Motorrad kaum mehr zieht und ich fahre raus. Zuerst denke ich natürlich an den Vergaser, doch dann stelle ich mit Entsetzen fest, das meine Kette auf das Kettenrad gesprungen ist und jetzt total stramm sitzt und sich das Hinterrad somit kaum mehr bewegen lässt. Und das mitten in den Bergen bei höchstens 5 Grad und nicht mal mehr 3 Stunden bis zur Dunkelheit, einfach toll. Nachdem Matthias mir zur Hilfe eilt probieren wir erfolglos die Kette herunterzubringen. Ein in der nähe stehender Hirte kommt herbeigeeilt und preist uns einen Kristall an. Als er jedoch unsere bösen Blicke sieht vergisst er ganz schnell den Kristall und bietet uns seine Hilfe an. Nach vielen erfolglosen Versuchen gelingt es uns schließlich das Rad mit Gewalt auszubauen. Das Kettenrad sieht sehr mitgenommen aus, doch wir ziehen die Kette wieder auf und fahren vorsichtig weiter, da der Wechsel von Kettenrad und das Aufziehen einer neuen Kette hier oben zu schwierig wären. Diese Reparatur nehmen wir erst am nächsten Tag auf dem Campingplatz von Quarzazarte vor.

Wie üblich erreichen wir das Tagesziel später als geplant. Wir sind positiv über die große Wüstenstadt Quarzazarte überrascht. Saubere Straßen und das ganze Stadtbild sind sehr gepflegt. Lediglich der Wind bläst einem den Staub in die Augen, sobald man das Visier öffnet. Vorbei an wunderschönen, für den Tourismus hergerichteten Kasbahs finden wir schließlich am anderen Ende der Stadt den Campingplatz. In einer Ecke neben französischen Campern schlagen wir schließlich unser Zelt auf und begeben uns nach einem schnellen Abendessen (Tachine) ins wohlverdiente Nachtlager.

 
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