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Der grüne Norden |
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Der erste Blick auf Afrika
Marokko - Tag 1
Nach eineinhalb Stunden Überfahrt, begleitet von einer Schar Delphinen erreichen wir die spanische Enklave Ceuta. Hier berühren unsere Reifen das erste Mal afrikanischen Boden. Es ist ein erhebendes Gefühl. Quer durch die schöne Hafenstadt geht es sofort weiter zur Marokkanischen Grenze. Jetzt heißt es erst mal warten und unter der glühenden Mittelmeersonne die Formalitäten erledigen. Wir werden von Hilfswilligen regelrecht überrannt. Jeder will uns mit guten Ratschlägen durch die Grenzformalitäten bringen. Durch die einschlägige Literatur jedoch vorgewarnt versuchen wir uns höflich den immer aufdringlicheren Versuchen zu entledigen. Endlich nach einer schier endlosen Warterei (über 4 Std.) sind wir durch und betreten das Land das wir auf unserer bisherigen langen Fahrt in Gedanken schon so oft erreicht haben. Nun geben wir wieder Gas und brausen die traumhafte Küstenstraße entlang in eine exotische Welt. An die stellenweise üblen Gerüche müssen wir uns jedoch erst gewöhnen. Vor lauter Euphorie haben wir natürlich vergessen an der Grenze Geld zu tauschen. Aber was soll´s, wir steuern die nächste größere Stadt an um Geld zu tauschen. In Tetuan angekommen, stellen wir mit Entsetzen fest, daß heute Samstag ist und in einem moslemischen Land haben an diesem Tag die Banken geschlossen. Was jetzt? Etwas ratlos fahren wir ins Stadtzentrum um doch noch irgendwo eine offene Bank oder Wechselstube zu finden. Hier machen wir dann auch die erste Bekanntschaft mit Drogendealern. Zwei Jungs auf einem Moped halten an der Ampel neben uns. Der eine stellt sich als Student vor der, in sehr gutem deutsch, nur eine nettes Gespräch sucht. Matthias lässt sich darauf ein, doch ich bin misstrauisch, da dies laut Reiseführer die typische Anmache ist um Drogen zu verkaufen. Dies bewahrheitet sich auch. Die Mopedfahrer lassen sich nicht abschütteln und versuchen an jeder Ampel wieder ins Gespräch zu kommen, langsam auf das Ziel hinarbeitend uns ihre heiße Ware anzubieten. Da wir sowieso erst einmal nach Martil fahren und uns einen Campingplatz ansehen wollen, können wir die beiden schließlich auf der Landstraße abhängen. Der Campingplatz in Martil ist ein Schock für uns. Er sieht eher aus wie ein Schrottplatz als ein Platz zum Übernachten. Völlig entsetzt fahren wir nach Tetouan zurück um doch noch eine Bank zu finden. Als wir einmal in der Innenstadt anhalten und Matthias einen Polizisten nach dem Weg fragt werde ich von einer großen Schar Kinder umringt. Zu meiner großen Freude verscheucht der Polizist die Meute jedoch gleich, was meine Einstellung zu den Staatsbeamten in diesem Land sehr positiv werden lässt. Nach zwei Stunden schließlich (und völlig fertig mit den Nerven) findet Matthias einen hilfsbereiten Marokkaner der uns zu einer offenen Wechselstube führt ohne finanzielle Erwartungen an uns zu haben und wir können nach dem Umtausch endlich auf die Landstraße flüchten. Am Straßenrand eine Pause machend halten wir erst einmal eine Lagebesprechung ab. Wir beide erleben etwas das man wohl als Kulturschock bezeichnen könnte. In einem fremden Land, nicht wissend wo man die Nacht verbringen will und Unmengen von ungewohnten Eindrücken auf einen einströmend sind wir völlig genervt und hätten gute Lust die nächste Fähre nach Hause zu nehmen. Doch so schnell aufgeben wollen wir natürlich nicht. Ein Blick in die Karte lässt uns zu dem Entschluss kommen bis zur Atlantikküste zu fahren um dort in Ashila auf einem Campingplatz zu übernachten. Die Fahrt dorthin hebt unsere Laune gewaltig. Durch die Spätnachmittagsonne geht es durch grüne Hügel über eine Landstraße. Hier erleben wir das erste mal die Gastfreundschaft dieses Landes, denn jeder der uns begegnet, sei es eine Arbeiter auf dem Feld oder Fahrzeuge die uns entgegenkommen, winkt uns mit einer Herzlichkeit, als ob wir uns schon ewig kennen würden. Noch rechtzeitig vor der Dunkelheit kommen wir an einem gepflegten Campingplatz in Ashila an. Auf dem Platz ist auch noch ein deutsches Ehepaar mit ihrem Wohnmobil, die jedoch keine Notiz von uns nehmen (sture Deutsche). Nach der Besichtigung der Toilettenanlagen beschließen wir diese auf keinen Fall zu benutzen. Nach einer schnellen Suppe als Abendessen geht´s ins warme Zelt, wo wir unsere erste Nacht auf afrikanischen Boden verbringen.
Marokko - Tag 2 „Allah uagbar" – Der Ruf des Muhezins erschallt früh am nächsten Morgen und macht uns bewusst, das wir das christliche Europa verlassen haben und in eine völlig andere Kultur eingetaucht sind. Eine Stunde später geht’s aus dem Schlafsack, einem neuen Tag voller exotischer Eindrücke entgegen. Unser geplantes Tagesziel, Guercif liegt für dieses Land astronomische 440 km entfernt. Da wir das berüchtigte Riff-Gebirge umgehen wollen (was ich nur jedem Reisenden empfehlen kann, denn wie wir später von einer deutschen Motorradgruppe erfahren, wurden auch diese trotz ihrer großen Zahl belästigt) fahren wir erst mal den Atlantik entlang Richtung Süden. Auf einer sonnendurchfluteten Landschaft gesäumt mit Obstbäumen kommen wir auf den hier im Norden gut ausgebauten Straßen schnell voran. Unser Tagesziel Guercif scheint aber trotzdem noch unerreichbar fern. Am späten Vormittag ändern wir unsere Richtung nach Osten und beschließen etwas abseits der großen Straßen mehr vom Land zu sehen. Unser Weg führt uns über sehr schlechte kleine Landstraßen durch eine grüne hügelige Landschaft, welche intensiv von der Landwirtschaft genutzt wird. Am Nachmittag stellen wir plötzlich fest, dass die Straße welche nach unserer (neuen) Karte vor uns weitergehen sollte plötzlich in einem neu angelegten Stausee endet. Nach einigen Suchen finden wir schließlich die neue und noch stark in Bau befindliche Straße. Von groben Schotter und übelsten Schlaglöchern kräftig durchgeschüttelt müssen unsere Motorräder ihre erste Bewährungsprobe bestehen. Plötzlich auftauchender Gegenverkehr in Form einer Rinderherde die im schnellen Galopp, einen abgehetzten Hirten hinter sich lassend, auf unsere Maschinen zuhält, zwingt uns zu wilden Brems- und Ausweichmanövern, kann uns aber letztendlich nicht aus dem Konzept bringen. Nach 2 Stunden Fahrt erreichen wir schließlich wohlbehalten wieder eine eingezeichnete Straße, was die Orientierung aber nicht einfacher macht, da wir nicht genau wissen wo wir sind. Doch am Ende schafften wir es dann doch in Richtung Fes weiterzufahren. Da wir sowieso vorhatten erst am Ende der Tour eine der Königsstädte zu besichtigen, halten wir nur für einen Tankstop am Stadtrand von Fes. Mit besorgtem Blick gegen Osten stellen wir fest, dass sich dort dicke Gewitterwolken bilden. Ausgerechnet dahin müssen wir heute noch. Der Umweg mit dem Stausee hat uns zusätzlich viel Zeit gekostet. Es sind nur noch ca. 2 Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit und wir haben noch ca. 180 km bis zu unserem Etappenziel vor uns. Die Dunkelheit bricht für uns als Mitteleuropäer unerwartet schnell herein, so dass wir nach halber Strecke unser Tagesziel um 30 km zurückstecken müssen. Laut unserem Reiseführer soll es in Taza ein billiges, aber sauberes Hotel geben in dem wir wegen dem Unwetter übernachten wollen. Die Fahrt, in der Dunkelheit, dorthin erweist sich als absolutes Glückspiel. Ständig kurven irgendwelche unbeleuchteten Fahrzeuge auf der Straße herum, wobei wir oft nur durch ruckartiges Herumreisen unsere „Mühlen" die unliebsame Bekanntschaft mit dem Hauptverkehrsmittel der heimischen Bevölkerung, dem Eselskarren, verhindern können. Ein weiteres Problem in den unbeleuchteten Ortschaften stellen die Fußgänger dar, die urplötzlich vor einem die Fahrbahn wechseln. Nach einer nervenaufreibenden Stunde Fahrt in der Dunkelheit erreichen wir endlich unser Etappenziel –Taza – wo wir zum Glück das Hotel für die Nacht auf Anhieb finden. Wir können unsere Motorräder in einer Garage unterstellen und uns in die kargen Zimmer begeben. Frei von Ungeziefer ist das einzige positive was man über die Bleibe sagen kann, aber wir müssen halt unsere hochgeschraubten europäischen Maßstäbe deutlich herabsetzen. Die Bettwäsche kann nicht unser Vertrauen erwecken und so ziehen wir es vor die Nacht in unseren Schlafsäcken zu verbringen. |
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Nächstes Kapitel: Durch den mittleren Atlas in die Wüste |
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