Durch den Hohen Atlas Richtung Heimat

 

 

Als wir am nächsten Morgen gerade vor unserem fröhlich pfeiffenden Wasserkessel sitzen und uns auf einen Kaffee freuen kommt das Münchner Ehepaar vorbei. Der Anblick unseres hübschen kleinen Wasserkessels ist zu viel für die Frau. Mit einem verzückten „Schau dir das an, Schatz, die haben sogar einen Teekessel dabei“ gehen sie weiter, nicht ohne immer wieder kopfschüttelnd zu uns zurückzublicken. Wer hat, der hat.

Nach dem Frühstück wollen wir keine Zeit verlieren und beginnen sofort die Motorräder für die Weiterfahrt zu beladen. Und schon geht’s weiter, Richtung Norden nun endgültig der Heimat entgegen. Durch den stark von Touris besuchten Eingangsbereich der Todraschlucht kämpfen wir uns weiter und weiter bis wir nach ca. 3 Stunden dass Ende erreichen. Mit der Erinnerung an das Dorf mit den extrem aufdringlichen Kindern gelingt es uns diesmal dieses geschickt zu umfahren, immer auf das hohe Zentralmassiv des Atlasgebirges zuzuhalten.

Kurz darauf tauchen vor uns alte Bekannte auf. Der Unimog der Franzosen, auf dem die „Nicht-Motorradfahrenden“ Damen auf Stühlen festgebunden sind. Kein Witz, bei einem kurzen Schwatz erfahren wir, dass die Mädels bei der letzten Etappe fast runtergefallen wären und man halt nun Maßnahmen ergreifen musste.

Den restlichen Tag kämpfen wir uns über extrem schlechte Straßen, wenn man die überhaupt so nennen darf, und diverse Schluchten weiter vor, bis es schließlich am späten Nachmittag steil bergauf geht. Unser Tagesziel soll eine schöne Unterkunft an einem Hochgebirgssee gelegen sein; mal wieder nicht im Zelt schlafen.

Als wir allerdings in der Dämmerung dort ankommen sind die Franzosen vor uns da und haben alle verfügbaren Betten belegt. Etwas frustriert beginnen wir unweit der Herberge am See unser Zelt aufzubauen. Etwas unmutig stellen wir fest dass überall noch Schneereste rumliegen, was uns eine kalte Nacht befürchten lässt. Vom schlechten Gewissen geplagt, schon dass zweite Mal uns die Zimmer weggeschnappt zu haben, nähert sich einer der Franzosen und lädt uns zum Abendessen in der Herberge ein. Wir nehmen natürlich freudig an. Es war ein wirklich schöner Abend, gutes Essen und Kommunikation mit Händen und Füssen. Die darauf folgende Nacht wurde glücklicherweise nicht ganz so kalt wie befürchtet, trotzdem brechen wir am nächsten Morgen früh auf, werden aber bald von den Motorrädern der Franzosen überholt, die ja völlig ohne Gepäck unterwegs sein können.

Wenig später stellt sich dies allerdings als Glücksfall für uns raus, denn, wie wir am Abend zuvor erfahren hatten, wurde diese Strecke durch den Atlas erst zwei Tage zuvor von der Wintersperre freigegeben. Die reißende Strömung der Flüsse die normal harmlos sind waren ein Zeuge davon.

Wir kamen also am frühen Nachmittag an eine Stelle wo der Fluß ein großes Stück der Straße weggespült hatte, dass eigentlich nur ein durchqueren des Wasserlaufs ein weiteres Fortkommen ermöglichte. Am Ufer verluden die Franzosen gerade eines der Motorräder auf den Unimog. Als wir fragend blickend näher kamen wurde uns erklärt, dass der erste der mit dem Motorrad die Durchquerung an dieser eigentlich nicht schwierig aussehenden Stelle versucht hatte schlagartig mitsamt dem Motorrad unterging. Die restlichen setzten dann mit Hilfe des Unimogs über. Wären wir hier die ersten gewesen hätten wir vermutlich das gleiche probiert und ich bin mir nicht sicher ob es uns zwei alleine gelungen wäre die Maschine da wieder rauszubekommen.

Da die Franzosen schnell weiter müssen, sind wir gezwungen uns selbst einen Weg zu suchen. An der weggespülten Straße geht ein kleiner Trampelpfad hoch zur Straße, zu schmal aber, um ihn befahren zu können. Nach einer kurzen Pause, beschließen wir diesen Pfad mit unseren Spaten zu verbreitern und dann mit den Motorrädern ohne Gepäck hochzufahren. Als wir mit dem Schaufeln beginnen dauert es nicht lange bis die ersten neugierigen Marokkaner zur Stelle sind. Mit dem Blick auf ihre Feldhacken bieten wir ihnen einige Dirham worauf sie auch schon hektisch mit dem Buddeln beginnen. So ist der Pfad in kurzer Zeit für die Motorräder befahrbar, wobei wir die Koffer allerdings mühevoll per Hand hochtragen müssen. Danach geht es ohne weitere Unterbrechungen weiter, bis wir am späten Nachmittag die nördlichen Ausläufer des Gebirges erreichen. Wir finden einen schön gelegenen Campingplatz, auf dem wir um diese Jahreszeit die einzigen Gäste sind. Eine alte Frau nimmt uns gastfreundlich auf und als wir beim Abendessen vorm Zelt sitzen bringt sie uns ein Brot und in einer alten ramponierten Kanne den üblichen Pfefferminztee. An dem schon angebrochenen Brot und der Kanne sehen wir die Armut dieser Frau, die jedoch sofort bereit ist mit uns zu teilen. Selbstverständlich ließen wir ihr am nächsten Tag ein entsprechendes Trinkgeld zurück.

 

 

 

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